„Das Momentum der Geschlossenheit“
Foto: Andreas Franke, www.lausitz-bilder.de
Interview mit dem EU-Abgeordneten und zuständigen Berichterstatter für den Net Zero Industry Act, Dr. Christian Ehler
Immer mehr Lausitzer Akteure sind von der Idee, erstes Net Zero Valley Europas zu werden, begeistert – was wären Ihres Erachtens nach nun die erforderlichen Schritte aus der Region heraus?
Ich habe in den letzten Wochen in den Gesprächen mit vielen verschiedenen Akteuren der Lausitz gesehen, dass ein großer Wille besteht, die Lausitz als erstes Net Zero Valley Europas zu qualifizieren. Nachdem ich, zusammen mit der Lausitzrunde, EU-Kommissar Thierry Breton Mitte Mai in die Lausitz einlud, wurde der Wille und das Engagement sehr deutlich: der breite Schulterschluss zwischen Kommunen, Landkreisen, Sozialpartnern, der Wissenschaft und der Wirtschaft, egal ob Großunternehmen oder kleiner Betrieb, ist dafür genau der richtige Ansatz. Die Herausforderungen des Strukturwandels kann man nur gemeinsam meistern – daran hat es an der ein oder anderen Stelle in den letzten Jahren manchmal gehakt. Ganz wichtig ist es deshalb, das Momentum der Geschlossenheit mitzunehmen. Aus dieser Geschlossenheit heraus muss jetzt ein konstruktiver Dialog zwischen den Akteuren in der Lausitz, den Bundesländern und dem Bund über die konkreten Ideen und Umsetzungswünsche eines Net Zero Valleys Lausitz entstehen. Ich finde es deshalb sehr gut, dass das Bündnis aus der Lausitz einen Prozess zur Erarbeitung eines Konzepts aufsetzt, um dieses bald den Landesregierungen und dem Bund vorzustellen.
Sehen Sie bei dem Thema Net Zero Valley für die Akteure der Region dringenden Handlungsbedarf?
Ich glaube, es gibt gerade keine bessere Zeit als diese für die Lausitz, um sich eigenständig und selbstbewusst in die Erarbeitung des Net Zero Valleys Lausitz zu werfen. Vor wenigen Tagen wurde der Gesetzestext des Netto-Null-Industriegesetzes final unterzeichnet und ist nun bald EU-Gesetz. Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet bereits seit Wochen an der Interpretation des Gesetzes, um Zuständigkeiten und Abläufe auch mit den Bundesländern zu klären. Das nächste halbe Jahr bietet deshalb eine einmalige Chance: auch mit den zwei Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen vor der Brust kann die Lausitz selbst dafür sorgen, dass der Rahmen für ein Net Zero Valley Lausitz aus der Region heraus, aus der Zusammenarbeit von allen wichtigen Partnern, mit Empfehlungen und Anforderungen gefüllt wird. Wenn sich die Akteure der Lausitz weiterhin so gut und geschlossen in diesen Prozess einbringen, bin ich optimistisch, dass diese Zeit gut genutzt wird.
EU-Kommissar Breton sagte in der Lausitz, man solle genau auf die Beschreibung und Begrenzung der Region für ein Net Zero Valley achten, was meint er Ihres Erachtens damit und welche Fehler gilt es zu vermeiden?
Ich glaube, wir sollten uns beim Net Zero Valley Lausitz zunächst auf die brandenburgische und sächsische Lausitz konzentrieren. Darüber hinaus lassen sich aber die Vorteile des Netto-Null Industriegesetzes auch für strategische Projekte entlang der industriellen Oderschiene, also in Eisenhüttenstadt, Frankfurt/Oder oder in Schwedt, nutzen. Aus dieser Kombination ließen sich, meines Erachtens nach, der größte Nutzen und die sinnvollsten Synergien ziehen.
Sie sind sozusagen Vater der Idee eines Net Zero Valley in der Lausitz, wie wollen Sie den Prozess persönlich weiter vorantreiben?
Dankenswerterweise haben mich die Brandenburgerinnen und Brandenburger ein weiteres Mal für fünf Jahre als Brandenburgs Abgeordneter nach Brüssel gewählt. Meine Kernthemen der Wirtschafts- und Industriepolitik werde ich also auch weiterhin dort verfolgen dürfen. Ich bleibe deshalb der Lausitz eng verbunden und werde mich immer mit allen Akteuren vor Ort zusammen engagieren, damit das Net Zero Valley Lausitz auch Wirklichkeit wird. Ich führe deswegen auch schon intensiv Gespräche und Verhandlungen mit der Bundes- und Landesebene, damit wir das Projekt vorantreiben können. Meine Tür steht dabei immer allen offen.
Weitere Informationen: www.ehler.eu